Positionierungsanalyse / Produktpositionierungsanalyse

Die Positionierung dient der Darstellung der subjektiven Wahrnehmung des Kunden von Objekten und Leistungen. Die zu analysierenden Objekte und Leistungen werden in einem zwei- oder mehrdimensionalen Modell (Wahrnehmungsraum) positioniert. Aus Vereinfachungs- und Übersichtlichkeitsgründen findet üblicherweise die zweidimensionale Darstellung Anwendung.

Das Ziel der Positionierung ist es, vorhandene Marktlücken bzw. -chancen zu erkennen und das Leistungsangebot den gegenwärtigen und künftigen Bedürfnissen sowie den erwarteten Ansprüchen des Kunden besser anzupassen.

Hierzu bietet die Positionierung u. a. die Möglichkeit, das unternehmensbezogene Leistungsangebot anhand der vom Kunden wahrgenommenen Objektmerkmale (bspw. Preis, Qualität etc.) von den Wettbewerbsangeboten individuell so abzugrenzen (positionieren), dass ein komparativer Konkurrenzvorteil (KKV) durch den Einsatz verschiedener Marketing-Mix-Instrumente geschaffen wird. Der KKV beschreibt den Leistungsvorsprung des unternehmensbezogenen Leistungsangebots gegenüber dem des Wettbewerbs.

Zur Positionierung der zu untersuchenden Objekte gibt es verschiedene Positionierungsanalysen (verfahren), Positionierungsmodelle und Positionierungsstrategien. Die Positionierungsmodelle sind die Darstellungen der Ergebnisse der Positionierungsanalysen (-verfahren), die wiederum als Informationsgrundlage zur Erstellung der Positionierungsstrategien dienen.

Zur Anfertigung von Positionierungsmodellen werden als Positionierungsanalysen, sog. multivariate Verfahrenstechniken, eingesetzt. Die gängigsten dieser Verfahrenstechniken sind die Faktorenanalyse und die Multidimensionale Skalierung (MDS). Dabei unterscheiden sich diese beiden Verfahren einerseits in der Beurteilung von Objektmerkmalen der zu untersuchenden Objekte (Faktorenanalyse) und andererseits in der Beurteilung von Ähnlichkeiten (MDS) zwischen den zu untersuchenden Objekten.

Bei der Faktorenanalyse werden alle bedeutsamen Merkmale des zu untersuchenden Objektes vorgelegt (Merkmalsbeurteilung), um diese vom Befragten bewerten zu können. Sind diese Objektmerkmale unbekannt oder können nicht vorgelegt werden, so kann hier das MDS-Verfahren eingesetzt werden.

Beim MDS-Verfahren wird das zu untersuchende Objekt vom Befragten nach seiner Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit zu anderen Objekten im Modell positioniert. Je ähnlicher zwei Objekte sind, desto näher zueinander werden sie im Modell positioniert. Entsprechend weisen Objekte mit geringerer Ähnlichkeit eine größere Distanz auf.  Kommen zu diesem Objekte-Paar weitere Objekte zur Untersuchung hinzu, werden diese nach derselben Vorgehensweise im Wahrnehmungsraum positioniert. Der Vorteil des MDS-Verfahrens gegenüber der Faktorenanalyse liegt darin, dass Objektmerkmale nicht bekannt bzw. gegeben sein müssen und somit die Befragten bei der Bewertung weniger beeinflusst werden. Nachteilig gegenüber der Faktorenanalyse ist beim MDS-Verfahren jedoch, dass keine Aussage bezüglich der Objektmerkmale getroffen wird.

Nachdem die Analyseverfahren durchgeführt sind, können ihre Ergebnisse in den Positionierungsmodellen angewendet werden. Hierzu gibt es folgende Positionierungsmodelle: Perceptor, Proposas, Horsky & Nelson, Trinodal, Defender und Wisa. Im Groben unterscheiden sie sich bspw. hinsichtlich ihrer grafischen Darstellung, Anwendung, Zielsetzung bzw. Zielgröße, angewendeter Verfahren, etc. .

Die Ergebnisse aus den vorausgegangenen Analysen (Faktorenanalyse, MDS) bilden den Istzustand (reale Wahrnehmung) der untersuchten Objekte der Befragten im Wahrnehmungsraum ab. Jedoch wird bei dieser Betrachtung nicht deutlich, wie sich die Befragten die Positionierung des zu untersuchenden Objektes vorstellen bzw. welche sie präferieren (ideale Wahrnehmung), d. h. der Sollzustand ist aus den realen Objektwahrnehmungen nicht abzuleiten. Daher finden sog. Präferenzmodelle wie das Idealpunkt- und das Idealvektormodell (lineares Modell) Anwendung. Diese helfen, die Präferenz des Befragten zu ermitteln, um die angebotene Leistung des Unternehmens näher als die vorhandenen Wettbewerbsangebote an die potenziellen Kunden zu bringen.

Dabei kann das ideal wahrgenommene Objekt innerhalb dieser Modelle als Idealpunkt abgebildet bzw. als Idealvektor angegeben werden. Liegt ein Realobjekt nahe eines Idealobjektes (Idealpunkt oder -vektor), deutet das auf eine hohe Präferenz dieses Objektes hin.

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Die Präferenzmodelle: Idealpunkt- und Idealvektormodell

Das Idealpunktmodell geht davon aus, dass ein Objekt eine ideale Merkmalsausprägung aufweisen kann, im Diagramm als Idealpunkt dargestellt. Abweichungen von diesem Punkt (in alle Richtungen) mindern die Präferenz dieses Objekts: “Es gibt eine optimale Ausprägung".

Im Gegensatz dazu beschreibt das Idealvektormodell ein lineares Verhältnis zwischen Objektmerkmalsausprägung und Teilnutzenwert, im Diagramm als Idealvektor dargestellt. Ändert sich entsprechend eine Objektmerkmalsausprägung, so ändert sich in gleichem Maße der Teilnutzenwert; somit wird nicht von einer nutzenmaximalen Objektmerkmalsausprägung ausgegangen. Ein Objekt wird bevorzugt, wenn es dem definierten Idealvektor möglichst nahe liegt, unabhängig davon, ob das Teilnutzenwert-Objektmerkmalsausprägung-Verhältnis niedrig oder hoch ist: “Je mehr (oder auch weniger) von einer Eigenschaft, desto besser".

Welches der beiden Modelle letztlich eingesetzt wird, hängt u. a. vom Betrachtungswinkel des jeweiligen Nutzers (Kundensicht oder aus Unternehmenssicht) ab. Aus Unternehmenssicht betrachtet, werden die Realobjekte mit einem fiktiven Idealpunkt beurteilt. Hier kann nur Idealpunkt-, aber nicht das Vektormodell eingesetzt werden, da das Idealpunkt wie die Realprodukte behandelt und als Punkt dargestellt wird. Für die Befragten kann die Beurteilung eines fiktiven Idealproduktes realitätsfremd und somit schwierig sein. Aus Kundensicht hängt der Einsatz dieser beiden Modelle, allein vom jeweiligen zu untersuchenden Objekt ab.

Mithilfe der Präferenzmodelle lassen sich zwar die reellen (Istzustand) und die idealen (Sollzustand) Positionierungen der zu untersuchenden Objekte darstellen, jedoch sagen sie nicht aus, wie aus dem Istzustand der gewünschte Sollzustand zu erreichen ist. Hierzu bedarf es geeigneter Strategien, die aus dem Istzustand abzuleiten sind. Da das Erreichen des Sollzustandes vom jeweiligen Istzustand abhängig ist, gibt es entsprechend verschiedene Positionierungsstrategien:

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Positionierungsstrategien

Positionierungsstrategien werden prinzipiell bezüglich ihres Einsatzes in alten und neuen Positionierungsraum eingeteilt. Dementsprechend werden die Strategien wie folgt geordnet:

Innerhalb des alten Positionierungsraumes besteht die Möglichkeit, mit einen der drei Positionierungsstrategien (die Erhaltung der bestehenden Position, der Anpassungs- und der Beeinflussungsstrategie) die Position des Produktes zu verbessern. Genügen diese Positionierungsstrategien den bestehenden Anforderungen nicht bzw. erfüllen sie die Anforderungen, aber sind wirtschaftlich unrentabel, besteht die Möglichkeit, durch die zwei weiteren Positionierungsstrategien (Anbaustrategie und Neupositionierung) einen neuen Positionierungsraum zu belegen.

Daraus lassen sich zusammenfassend drei wesentliche Handlungsoptionen des Strategieeinsatzes für die Verbesserung der Produktpositionierung benennen:

  1. Innerhalb des alten Positionierungsraumes die Erhaltung der bestehenden Position
  2. Umpositionierung
  • Innerhalb des alten Positionierungsraumes die Anpassungs- und / oder Beeinflussungsstrategie
  • Innerhalb des neuen Positionierungsraumes die Anbaustrategie
  1. Innerhalb des neuen Positionierungsraumes die Neupositionierung

    Die Strategie Erhaltung der bestehenden Position findet v. a. Einsatz, wenn das Produkt bereits nahe den Bedürfnissen und Idealvorstellungen der Kunden liegt und diese vom Wettbewerb noch nicht bedient werden. Entsprechend werden die Marketinginstrumente zur Verstärkung bzw. zum Ausbau der Position eingesetzt.

    Die im Folgenden dargestellten Anpassungs-, Beeinflussungs- und Anbaustrategien werden zusammengefasst zu Umpositionierungsstrategien und finden Anwendung, wenn das Realprodukt nicht oder nicht mehr der Idealvorstellung entspricht. Hier bleiben die bisherigen Kunden und die relevanten Eigenschaften des Produktes größtenteils bestehen.

    Die Anpassungsstrategie meint die Gestaltung des Produktes möglichst nahe an die Bedürfnisse bzw. Idealvorstellungen der Kunden. Sie kann bspw. durch Änderung bestimmter Produktmerkmale bzw. durch veränderte Kommunikation mit den Kunden umgesetzt werden. Die Verfolgung dieser Strategie birgt jedoch die Gefahr, dass die Idealvorstellungen durch ein populäres Wettbewerbsprodukt bereits bedient werden, dann entspräche die Annäherung an die Idealvorstellungen lediglich noch einer Imitationsstrategie mit geringen Erfolgsaussichten.

    Die Beeinflussungsstrategie verfolgt das Ziel, die Bedürfnisse bzw. Idealvorstellungen der Kunden mithilfe von Marketinginstrumenten dem eigenen Produkt anzunähern und ggf. damit eine Monopolstellung im Markt aufzubauen. Jedoch bindet diese Strategie viele Ressourcen.

    Die Anbaustrategie findet Anwendung, wenn die Anpassungsstrategie aufgrund einer erfolglosen Imitation, die Beeinflussungsstrategie wegen unverhältnismäßiger Ressourcenbindung oder die Erhaltung der Position aufgrund eines zu großen Wettbewerbsdrucks wenig bzw. nicht Erfolg versprechend sind. Die einfachste Möglichkeit zur Durchführung der Anbaustrategie ist es, das bestehende Produkt um eine Eigenschaft zu ergänzen.

    Die Neupositionierungsstrategie ist dann erforderlich, wenn zwischen Istzustand (dem bestehenden Produkt) und Sollzustand (den Bedürfnissen und Idealvorstellungen der Kunden bezüglich des Produktes), eine hohe Distanz liegt. Hier kann es notwendig sein, einen komplett neuen Positionierungsraum mit veränderten Eigenschaften des Produktes zu belegen, da aufgrund starken Wettbewerbs geringe Erfolgsaussichten vorhanden sind.

    Preis-Leistung-Positionierungsstrategien (Marktstimulierungsstrategien)

    Diese Positionierungsstrategie wird bei einer Preis und Leistung (Qualität) – Achsenkonstellation auf einem zweidimensionalen Positionierungsraum  verwendet.

      Übervorteilungsstrategie = Erhöhte Preisforderung gemessen an der angebotenen Leistung;

      • Akzeptanz überteuerter Angebote aus Zeitründen, aus Unkenntnis oder künstlicher Verknappung (Übervorteilung des Kunden), die Wiederholverkäufe sind dabei gering
      • Anwendung in Nischenmärkten (mit geringem Wettbewerb), bei Monopolstellung, in friedlicher Wettbewerbsposition oder bei geplantem Marktaustritt/ Marktanteilsreduktion

      Präferenzstrategie (Premiumstrategie) = Hohe, gerechtfertigte Preisforderung für ein gutes Leistung;

      • Voraussetzung ist Aufbau einer Premiummarke (Image, Prestige, Exklusivität) bzw. Zusatznutzen;
      • Erzielbar durch Innovationsausbau, Beratungskompetenz, Design, Langlebigkeit, Einkaufsatmosphäre,etc.
      • Langfristig ist eine Kostenreduktion bei gleichbleibender Qualität erstebenwert

      Preis-Mengen-Strategie (Billigwarenstrategie) = Niedriges Preisangebot durch große Absatzmenge

      • Nutzbar durch Mengen- und Erfahrungskurveneffekte (Standardisierung/ Prozesseffizienz) mit einhergehender Stückkostensenkung
      • Umsetzbar durch Sonder-/ Promotionspreise oder durch Dauerniedrigpreise
      • Langfristig ist eine geringe Qualitätsverbesserung bei möglichst gleichbleibendem Preis erstebenwert

      Vorteilsstrategie = Herausragende Leistung zum günstigen Preisangebot (Günstiges Preis-Leistungsverhältnis)

      • Zeitliche begrenzte Verkaufsförderungsaktion, um Wettbewerber in Präferenz-Positionierung anzugreifen
      • Diese Positionierung birgt langfristig die Gefahr von Verlusten bzw. benötigt hohen Ressourceneinsatz

      Outpacing-Strategie (Überholstrategie) = Abwechselnde Präferenz- und der Preis-Mengen-Strategie um Wettbewerbsvorteile durch Qualitätsmaximierung und Rentabilitätssteigerung durch Kostenminimierung zu erreichen

      • Dieser Strategiewechsel muss dabei rechtzeitig erfolgen, wenn bspw. im Rahmen der Preis-Mengen-Strategie die Kostensenkungspotenziale ausgeschöpft sind oder
      • im Rahmen der Präferenz-Strategie eine Qualitätssteigerung situativ nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ist.
      • Vorhandene Positionierung bzw. gewählte Strategie muss nicht statisch bleiben:

      Trading up (Markenaufwertung):

      • Leistung und Preis werden erhöht
      • Zur Verteidigung von Marktanteilen / Ausbau des Wettbewerbsvorsprungs oder Angriff auf Marktführer

      Trading down (Markenabwertung):

      • Leistung und Preis werden gleichermaßen reduziert
      • Nur sinnvoll, wenn hohe Skaleneffekte erzielbar sind bzw. ein Angriff auf Marktführer (aufgrund notwendiger Ressourcen) nicht erfolgreich bzw. nicht möglich ist

      Stuck in the Middle (Problempositionierung)

      • Positionierungsangebot ist weder noch Preisgünstig, weder noch mit hervorragender Leistung aufgestellt
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      Anmerkungen – Positionierungsanalyse:

      • Mangelnde Standardisierbarkeit aufgrund sich stetig verändernder Real- bzw. Idealvorstellungen
      • Instabilität der Kriterien zur Positionierung aufgrund sich stetig verändernder Real- bzw. Idealvorstellungen
      • Die Positionierungskriterien erfassen nicht ausreichend alle (z. T. sehr stark individualisierten) Produktmerkmale
      • Zwischen den Positionierungskriterien bestehen oft Wechselbeziehungen, die möglichst nicht voneinander getrennt betrachtet werden sollten
      • Objektivierung subjektiver Produktmerkmale schwierig
      • Gleichmachung der Produktangebote
      • Sinkende Innovationsentwicklung
      • Mehr als sieben Dimensionen schwierig umsetzbar
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